Befristete Beschäftigungen im Schulbereich

Befristete Beschäftigungen in den Schulen ufern immer weiter aus. Die Folgen sind prekäre und unsichere Arbeit für die Beschäftigten, viel Bürokratie und Aufwand in Schulen und Schulbehörden und wenig Kontinuität in den Klassenzimmern. Eine ausreichende Vertretungsreserve wäre der weitaus bessere Weg, das jedenfalls sagt die GEW.

Wichtige Informationen für BetroffeneNachfolgend haben wir wichtige Informationen für Betroffene mit befristeten Verträgen zusammengestellt. Die gesetzliche Grundlage für Befristungen ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Dieses und weitere Downloads finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

Die Befristung mit sachlichem Grund

Die Mehrzahl der befristeten Verträge im Schulbereich gehört zu dieser Kategorie. Die sogenannten sachlichen Gründe für die Befristung sind in der Regel längerfristige Erkrankung, Mutterschutz oder Elternzeit einer Lehr- oder einer Sozialarbeitsfachkraft. Der Name der zu vertretenden Person und die zeitliche Dauer des Vertrages sind exakt im Vertrag angegeben. Besteht der sachliche Grund länger, als im Vertrag angegeben (z.B. bei Verlängerung einer Elternzeit), so kann ein weiterer befristeter Vertrag mit neuer Laufzeit geschlossen werden.

Die Befristung ohne sachlichen Grund

Ein zeitbezogener befristeter Arbeitsvertrag kann auch dann vereinbart werden, wenn kein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt. Ohne sachlichen Grund ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses jedoch nur bei einer Neueinstellung zulässig, also nicht, wenn bereits mit demselben Arbeitgeber schon einmal ein unbefristetes oder ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Die Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung beträgt bis zu zwei Jahre. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Vertrages möglich.

Die Verträge ohne Sachgrund sind im Schulbereich eher selten anzutreffen.

Die Bezahlung in den Sommerferien

Jahrelang haben die Schulbehörden die Vertretungskräfte ohne Bezahlung in die Sommerferien geschickt, eine unsägliche Praxis. Durch Einsatz der GEW konnte erreicht werden, dass die Bezahlung in den Sommerferien nun besser klappt. Im Dezember 2017 wurde erneut eine modifizierte Regelung getroffen:

Die Sommerferien müssen bei folgenden Fällen in die Bezahlung mit einbezogen werden:

  • Die befristete Beschäftigung beginnt am 1.2. eines Jahres und ist bis zum letzten Tag vor den Sommerferien terminiert.
  • Die befristete Beschäftigung beginnt nach dem 1.2. eines Jahres und ist bis zum letzten Tag der Sommerferien terminiert.
  • Die befristete Beschäftigung beginnt nach dem 1.2. eines Jahres, ist bis zum letzten Tag vor den Sommerferien terminiert, und es ergibt erst im Laufe der Ferien eine Anschlussverwendung.
  • Bei den beiden letztgenannten Fallkonstellationen ist als Voraussetzung zu berücksichtigen, dass während der Gesamtdauer der Beschäftigung (ggf. über den 31.12. eines Jahres hinaus) die Unterrichtszeit zur Ferienzeit in einem Verhältnis von mindestens 2,5 : 1 steht.
  • Auf Lehrkräfte, die zum 30. April eines Jahres den Vorbereitungsdienst erfolgreich abschließen und im unmittelbaren Anschluss zunächst bis zu den Sommerferien eine befristete Beschäftigung annehmen, bevor sie zum 1. August unbefristet als Tarifbeschäftigte oder als Beamtinnen und Beamte eingestellt werden, werden diese Regelungen angewendet.

Wenn keine Bezahlung der Ferien erfolgt, sollte auf jeden Fall die finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruches beantragt werden. Das erfolgt formlos (Musterschreiben weiter unten). Für Grundschullehrkräfte ist das Schulamt zuständig, für alle anderen Schulformen die Bezirksregierung. Bei Vertragsbeginn z.B. nach den Osterferien ergibt sich bis zu den Sommerferien ein Urlaubsanspruch von ca. 6-8 Tagen, der entsprechend finanziell abgegolten werden muss, wenn z.B. keine Weiterbeschäftigung erfolgt.

Das Diskriminierungsverbot

Eine befristet beschäftigte Lehrkraft darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als eine vergleichbare unbefristet beschäftigte, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. So sieht es jedenfalls das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in § 4 vor. Ob das jedoch immer im Alltag Bestand hat, sei dahingestellt, sollte aber immer eingefordert werden.

Das Recht auf Fortbildung

„Die Freistellung für die Fortbildung kann ich nicht genehmigen, sie sind ja schließlich zur Vertretung eingestellt!“ Haben Sie das auch schon gehört? Dagegen sollten Sie sich wehren, denn auch befristet Beschäftigte haben das Recht an Fortbildungen teilzunehmen. So steht es im § 19 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Hilfestellung kann Ihnen der Lehrerrat Ihrer Schule oder der zuständige Personalrat der GEW geben.

Die Kündigungsmöglichkeiten

Im Verhältnis zu einem normalen Arbeitsvertrag ist man bei einer Befristung in vielfacher Hinsicht schlechter gestellt. Da das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Frist oder mit Erreichen des Zwecks automatisch endet, ohne dass der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen muss, finden die gesetzlichen Kündigungsschutzvorschriften keine Anwendung. Dies gilt für das Kündigungsschutzgesetz ebenso wie für die Regelungen des Mutterschutzgesetzes sowie des Schwerbehindertenrechtes. Das führt z.B. dazu, dass ein Fristvertrag auch dann endet, wenn die Vertretungskraft schwanger ist, denn das Kündigungsverbot  für Schwangere wird bei Befristung ausgehebelt.

Der Tarifvertrag der Länder (TV-L) regelt weitere Einzelheiten: Bei befristeten Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund gelten die ersten sechs Wochen und bei befristeten Arbeitsverträgen mit sachlichem Grund die ersten sechs Monate als Probezeit. Innerhalb der Probezeit kann der Arbeitsvertrag mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung nach Ablauf der Probezeit ist nur zulässig, wenn die Vertragsdauer mindestens zwölf Monate beträgt.

Nach Ablauf der Probezeit trägt die Kündigungsfrist in einem oder mehreren aneinander gereihten Arbeitsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber
von insgesamt mehr als sechs Monaten vier Wochen,
von insgesamt mehr als einem Jahr sechs Wochen
zum Schluss eines Kalendermonats,

von insgesamt mehr als zwei Jahren drei Monate,
von insgesamt mehr als drei Jahren vier Monate
zum Schluss eines Kalendervierteljahres.

Mit beiderseitigem Einverständnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist jederzeit ein Auflösungsvertrag möglich. Der Wechsel von einem befristeten Vertrag in eine Festeinstellung als Lehrkraft geschieht auch mit einem Auflösungsvertrag und ist unproblematisch.

Neue Entfristungsmöglichkeiten ab Mai 2023

Befristet beschäftigte Lehrkräfte können laut Erlass des Schulministeriums vom 2.2.2023 beantragen, in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis an ihrer derzeitigen Einsatzschule übernommen zu werden, wenn

  • sie mindestens über einen Bachelorabschluss einer Hochschule verfügen,
  • sie aktuell an einer Schule in NRW beschäftigt sind,
  • sie in Summe mindestens drei Jahren im Umfang von mindestens einer halben Stelle innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren tätig waren,
  • sie für die Übernahme in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis geeignet sind,
  • wenn der Personalbedarf nicht anders gedeckt werden kann.

Der Antrag ist auf dem Dienstweg, also über die Schulleitung an die Bezirksregierung (GS: Schulamt) zu richten. Dort wird unter Einbindung der Schulleitung, geprüft, ob die Person für die Übernahme geeignet ist. Eine Erhöhung der bisherigen Stundenzahl ist möglich, wenn Bedarf besteht. Auch eine Versetzung an eine andere Schule aus persönlichen Gründen ist grundsätzlich möglich.
Es besteht weder ein Anspruch auf Übernahme noch ein Anspruch auf Erhöhung der Stundenzahl. Eine Entfristung von Bewerberinnen und Bewerbern, die eine Staatsprüfung nicht bestanden haben, ist nicht möglich. Der Erlass ist befristet bis zum Jahr 2025.

 

Eine Befristung kann unwirksam sein

Die fehlende Schriftform
Im Teilzeit- und Befristungsgesetz ist ausdrücklich geregelt, dass jede Befristung nur wirksam ist, wenn „die Schriftform“ eingehalten ist. Die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform ist dann eingehalten, wenn sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber dieselbe Befristungsvereinbarung eigenhändig unterschreiben. Bei einer Zweckbefristung muss der Vertragszweck im Arbeitsvertrag schriftlich fixiert sein.

Elektronische Form
Bei einer Befristung können die Parteien die Schriftform durch die elektronische Form ersetzen. Dafür müssen beispielsweise beide einer Mail ihren Namen hinzufügen und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Eine einfache E-Mail und ein einfaches Fax reichen also für die wirksame Befristung nicht aus.

Verstoß gegen die Formvorschrift
Vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber lediglich mündlich, dass sie einen befristeten Arbeitsvertrag schließen wollen, ist die Befristungsregelung unwirksam. Auf den Rest des Vertrages hat dies keinen Einfluss. Das heißt, alle Vereinbarungen außer der Befristung sind wirksam. Es ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit den besprochenen Inhalten zustande gekommen.

Nachträgliches „Einhalten“ der Schriftform
Die schriftliche Vereinbarung einer Befristung muss vorliegen, bevor man zum ersten Mal arbeitet. Zwar ist auch dann die Schriftform nicht eingehalten, wenn beide nachträglich unterschreiben, doch hier urteilen die Gerichte unterschiedlich.

Unser Rat: Sollte es dazu kommen, dass Sie ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ohne schriftlichen Vertrag begonnen haben, setzen Sie sich bitte unmittelbar mit Ihrem GEW-Rechtsschutz in Verbindung.

Probleme mit dem Sachgrund - Die Vertretung einer Lehrkraft
Voraussetzung für diesen Sachgrund ist, dass im Moment der Befristung mit der Rückkehr der vertretenen Lehrkraft zu rechnen ist. Steht von vornherein fest, dass die Kollegin nicht mehr zurückkehrt, weil sie z.B. bei Rückkehr versetzt werden soll, ist eine Befristung zu ihrer Vertretung nicht zulässig.

Nicht erforderlich ist dagegen, dass man genau die Fächer unterrichtet, wie die zu vertretende Person. Möglich wäre also ein Fall der so genannten mittelbaren Vertretung. Wenn etwa Frau Schneider in Elternzeit ist und Englisch unterrichtet hat, so kann die Vertretungskraft durchaus auch für Sport eingestellt werden, wenn der Bedarf in Englisch durch andere Kollegen gedeckt werden und dadurch der Sportunterricht besser verteilt werden kann. Es kommt allerdings vor, dass Schulen bei der Einstellung von Vertretungskräften genau das Mangelfach abdecken wollen, was ohnehin nicht an der Schule zur Verfügung steht. Das könnte ein Indiz für eine missbräuchliche Befristung sein.

Dauer und Anzahl von Befristungen
Es gibt immer mehr Gerichtsurteile, die die Befristungspraxis der Schulbehörden als Missbrauch des bestehenden Rechts ansehen. Wichtigster Punkt sind die Anzahl der Jahre und die Anzahl der Verträge, die in befristeten Beschäftigungsverhältnissen an öffentlichen Schulen in NRW geleistet worden sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil 26.10.2016 eine Zusammenfassung dazu geliefert. Demnach ist z.B. bei Vertretungsverträgen von einer Dauer von mehr als sechs Jahren und ca. 10 Verlängerungen in dieser Zeit der Verdacht des Missbrauchs der Befristung gegeben. Natürlich kann auch bei kürzerer Vertragsdauer der Missbrauch vorliegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen. Die haben wir ja auch schon geschildert (keine Schriftform, Probleme mit dem Sachgrund etc.).

Die Durchsetzung einer Entfristung

Durch Gerichtsurteile hat die ausufernde Praxis der Schulbehörden, mit Fristverträgen zu agieren, zumindest einen Dämpfer bekommen. Auch wenn die Gerichte immer nur über Einzelfälle entscheiden, hat das natürlich Auswirkungen auf andere Beschäftigte in vergleichbarer Situation.

Das Schulministerium hat mit zwei Erlassen auf die Rechtsprechung reagiert und die Schulbehörden angewiesen, Entfristungen zu prüfen.

Aufgrund der Rechtsprechung haben vor allem Vertretungskräfte eine Chance, die langjährig beschäftigt sind, häufig an der gleichen Schule eingesetzt waren und viele verschiedene Einzelverträge vorweisen können - unabhängig davon, ob sie vollausgebildete Lehrkräfte sind oder nicht.

Relevant kann auch sein, wenn sie Aufgaben erledigt haben, die die zu vertretende Person oder eine andere Lehrkraft der Schule nicht hätte übernehmen können. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn Schwimmunterricht erteilt werden soll, jedoch keine Lehrkraft mit Rettungsfähigkeit an der Schule beschäftigt ist.

Wie vorgehen?
Verträge mit Stundenzahl, Zeitraum und Schule auflisten und für eine Vorprüfung des Falls Kontakt zur GEW (Personalrat oder Rechtsschutz) aufnehmen. Danach sollte ein Antrag auf Entfristung des Arbeitsvertrages an die Bezirksregierung gestellt werden. Kolleg*innen im Grundschulbereich richten den Antrag an das zuständige Schulamt. Zu beachten ist, dass bei einer erfolgreichen Entfristung Einsatzschule und Stundenumfang des letzten Vertrages zunächst festgeschrieben werden. Hunderte von Kolleg*innen haben auf diese bereits erfolgreich ihre Entfristung durchgesetzt.

Antrag abgelehnt?
Wenn die Schulbehörde den Antrag ablehnt, bleiben nur der Gang zum Arbeitsgericht und die Erhebung einer Entfristungsklage. Die Klage kann nur innerhalb von drei Wochen nach Auslaufen eines Vertrages eingereicht werden. GEW-Mitglieder sollten dafür natürlich einen Antrag auf Rechtsschutz bei ihrer Gewerkschaft stellen, damit sie kompetent vertreten werden.

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