Schule 03.05.2023

Grundschulplanung – Eine Wuppertaler Dauerbaustelle, die abgeräumt werden muss

Bildung und Schulen haben keine Priorität in unserer Stadt – das muss sich ändern

Sechs Jahre ist es her, dass der Rat der Stadt Wuppertal Eckpunkte zur Schulentwicklung 2018-2022 beschlossen hat. Doch für Grundschulen blieb der Plan nur Papier.

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Vier neue Grundschulstandorte waren damals in der Planung, baulich wurde bis heute davon nichts umgesetzt. Die neugegründete Grundschule Matthäusschule fristet ihr Dasein in drangvoller Enge in Übergangscontainern, Ende offen. Für den 2018 beschlossenen Neubau der Grundschule an der Gewerbeschulstraße liegt erst seit 2023 ein Baudurchführungsbeschluss vor. Und das alles, obwohl schon damals die Schülerzuwächse auf dem Tisch lagen und sich seitdem weiter verstärken, auch in den nächsten Jahren. Die nun in den Blick genommenen Maßnahmen für die Grundschulen werden die Probleme nicht lösen.

Bildung und Schulen haben keine Priorität in unserer Stadt – das muss sich ändern

Wir sagen es ganz deutlich: Das alles ist vor allem Folge einer fehlenden Priorität für Bildung und Schulen in unserer Stadt. Wie kann es sonst sein, dass offensichtlich fünf Jahre viel zu wenig passiert, um den schon jahrelang manifesten Raummangel zu beheben? Es rächt sich die mangelhafte Schulentwicklungsplanung der letzten 20 Jahre und es rächt sich vor allem, dass Wuppertal nicht genug Geld in die Hand nimmt für den Schulneubau und -ausbau und für Personal, das den Ausbau stemmt. Das ist eine Frage des politischen Willens! Hier sind die Ratsparteien gefragt, die Prioritäten endlich für Schule und Bildung anders zu setzen.

Die Folgen für die Kinder und die Schulen unserer Stadt sind fatal

Arbeits- und Lernbedingungen verschlechtern sich von Jahr zu Jahr, die Klassengrößen in den Grundschulen liegen mit 25,6 weit über dem NRW-Schnitt von 23,5 Schüler*innen pro Klasse. Gerade in den besonders belasteten östlichen Stadtgebieten liegt der Schnitt bei sogar bei 26,7 Kindern pro Klasse, wobei hier die zugewanderten Kinder der letzten zwei Jahre noch gar nicht abgebildet sind. In der Folge sitzen in vielen Grundschulklassen 30 Kinder und mehr, darunter Kinder ohne deutsche Sprachkenntnisse und immer mehr mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

NRW-Schulbaurichtlinien werden viel zu oft nicht eingehalten.

Die Mehrzahl der Wuppertaler Grundschulen erfüllt schon jetzt nicht die ohnehin knapp bemessenen Standards der NRW-Schulbaurichtlinien. Differenzierungsräume fehlen, Lernmittelräume werden zu Gruppenräumen umfunktioniert, in den Lehrerzimmern hat nicht jede Lehrkraft einen Sitzplatz, Verwaltungsräume verdienen den Namen nicht. Mensen sind zu klein oder gar nicht vorhanden, Räume für Ganztagsbetreuung sind Mangelware. Die derzeitigen Planungen hinsichtlich der Aufstellung von zusätzlichen Unterrichtscontainern an zahlreichen Wuppertaler Grundschulstandorten schränken die ohnehin oft begrenzten räumlichen Kapazitäten weiter ein.

Die Stadt hat bisher noch viel zu wenig in den Blick genommen, dass die veränderte Grundschulsituation mit Inklusion, Integration und dem wachsenden Einsatz von multiprofessionellen Beschäftigten und Sozialarbeitskräften sich auch im Raumbedarf abbildet. Sozialarbeitskräfte brauchen Raum, z.B. zur Beratung, zur Kleingruppenförderung. Sie können mit ihren vielfältigen Aufgaben nicht auf einen „multifunktionalen“ Stammklassenraum beschränkt werden.

Nur kleinteilige Umbauten an bestehenden Schulen werden nicht reichen

Es ist ein Irrglaube, dass mit kleinteiligen „Lösungen“ in den Schulen der große Wurf gelingen kann. Ja, die im Gutachten vorgeschlagenen Ausbauten von Hausmeisterwohnungen, Dachgeschossen und Kellerräumen müssen sein, aber sie können nicht den Bedarf von vier dreizügigen Grundschulen ersetzen, die nach der Schülerzahlentwicklung in Wuppertal notwendig sind. Dieser Ausbau ist allein schon deshalb zwingend, um den zusätzlichen täglichen Raumbedarf zu decken, der durch veränderte pädagogische Anforderungen und Schülerzuwächse der Vergangenheit besteht.

Der Plan, mit möglichst wenigen Finanzmitteln und mit maximalem Anspruch an die Flexibilität der Schulen nur auf multifunktionale Räume zu setzen, kann nicht aufgehen. Auch dürfen Container sowie Modulmensen keine Dauerlösung an Wuppertaler Grundschulen werden. Tatsache ist, dass jahrelanges Improvisieren angesichts des Raummangels schon jetzt für viele Schulen an der Tagesordnung ist. Und die Herausforderungen werden durch den gesetzlichen Anspruch auf Betreuung ab 2026 noch größer und sind dann kaum mehr mit dem Anspruch an qualitativ guten Unterricht und hochwertige Betreuungsangebote im Nachmittagsbereich vereinbar.

Tische mit Rollen und Stühle mit Tritten, die variabel sind, das sind keine Innovationen. Es kann nicht sein, dass Kinder in Zukunft den ganzen Tag bis 16 Uhr in einem multifunktionalen Raum ohne Ausweichmöglichkeiten verbringen müssen und weil die Mensa fehlt oder zu klein ist, auch ihr Mittagessen am Schultisch einnehmen.

Der große Wurf gelingt nur mit Vorfahrt für Bildung

Die GEW sagt: Wer den Kindern und den Schulen unserer Stadt gerecht werden will, der muss ihnen Vorfahrt und Priorität einräumen und das mit ausreichenden Finanzmitteln und genügend Personal beim Gebäudemanagement, um ohne die bekannten Verzögerungen der Vergangenheit endlich in Zeiträumen Lösungen zu schaffen, die längst überfällig sind.

Und das gilt nicht nur für die Wuppertaler Grundschulen, denn auch für den Rat der Stadt dürfte es kein Geheimnis sein, dass nach vier Jahren Grundschulzeit der Übergang der wachsenden Schülerschar auf die weiterführenden Schulen ansteht. Schließlich warten schon jetzt jährlich fast 500 Wuppertaler Familien vergeblich auf einen Gesamtschulplatz.

Steigende Baupreise dürfen kein Argument sein, Maßnahmen immer wieder zu schieben. Bei anderen Großprojekten - wie z.B. der Bundesgartenschau - ist man da offensichtlich nicht so zimperlich und hat den Ehrgeiz, mächtig und rechtzeitig zu investieren.