Recht 31.01.2025

Lehrkräfte müssen nicht neutral sein

Demokratiebildung ist Auftrag

Lehrkräfte sind verpflichtet, demokratische Werte wie Würde und Gleichheit aller Menschen zu vermitteln.

Min.

Rechtsextreme Gruppierungen und Parteien versuchen gerne Lehrer*innen einzuschüchtern, indem sie disziplinarrechtliche Beschwerden gegen einzelne Kolleg*innen richten oder sie im Netz anprangern. Die AfD z.B. bezieht sich oft auf das Neutralitätsgebot, gegen das verstoßen werde. 

Deshalb dazu nachfolgend einige Hintergrundinformationen.

Alle Lehrkräfte sind durch das Grundgesetz verpflichtet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. Sie müssen Kinder und Jugendliche im Geist des Grundgesetzes Artikel 3 zur Wahrung der Menschenwürde, der Demokratie, der Gleichberechtigung und der Toleranz erziehen. Folglich müssen sie sich kritisch mit Positionen aller Parteien auseinandersetzen.

Gemäß § 46 des Landesbeamtengesetzes NRW müssen Beamte beeiden „…Verfassung und Gesetze (zu)befolgen und verteidigen…“. 

Schulgesetz NRW § 2 sagt zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule:

(1) Die Schule unterrichtet und erzieht junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung. (…)

Die KMK stellt dazu 2018 fest: „Eine besondere Herausforderung für die Schule sind ausgrenzende, menschenverachtende und antidemokratische Grundpositionen. Zudem gilt es, jedem Geschichtsrevisionismus entgegenzutreten und sich aktiv mit vereinfachenden Gesellschaftsbildern auseinanderzusetzen.“ 

Als Lehrkraft kann man im Unterricht dabei sehr wohl die eigene Position deutlich machen – und auch eine kritische Position einnehmen – solange man seine Position nicht absolut setzt.

Denn: Das Neutralitätsgebot ist auf keinen Fall mit Wertneutralität zu verwechseln

Die Auseinandersetzung mit den o. g. Themen soll auf der Grundlage des „Beutelsbacher Konsens“ von 1977 erfolgen. 

Er formuliert diese Grundsätze:

Grundsatz 1: Das Überwältigungsverbot:

Es ist nicht erlaubt, Schüler*innen - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der „Gewinnung eines selbständigen Urteils" zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination.

Grundsatz 2: Das Kontroversitätsgebot

Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen. „Diese Forderung ist mit der vorgenannten aufs engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche Standpunkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten.“

Grundsatz 3: Die Interessenlage

Schüler*innen müssen in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und ihre eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne ihrer Interessen zu beeinflussen. 

Ein Unterricht, der die hier aufgeführten Gesetze und Empfehlungen berücksichtigt, muss sich kritisch mit den Zielen der AfD befassen. Unter Berücksichtigung des Neutralitätsgebots heißt dies, dass sich Unterricht immer mit Parteiprogrammen, (mündlichen oder schriftlichen) Äußerungen von AfD-Politiker*innen u. ä. im Vergleich mit anderen Parteiprogrammen etc. auseinandersetzen muss

Wenn sich dies unter Berücksichtigung der curricularen Anforderungen nur im Rahmen einer Unterrichts-Reihe realisieren lässt, so sollte unmissverständlich von der ersten Stunde an die gesamte U-Reihe im Klassenbuch dokumentiert werden. Aktuelle Ereignisse, wie etwa bevorstehende Wahlen bieten sich an, Parteien und ihre Ziele kritisch in den Unterrichts-Fokus zu nehmen.

GEW-Rechtsschutz hilft

Sollte es zu Angriffen gegen Kolleg*innen kommen, weil sie sich im Unterricht kritisch u. a. mit der AfD auseinandergesetzt haben, so ist der GEW-Rechtsschutz für die GEW-Kolleg*innen zur Unterstützung da.

Plakat Lehrkräfte müssen nicht neutral sein

Info-Blatt zum Aushang.