Neuigkeiten 24.04.2020

Schulöffnungen: Rechte und Pflichten von Beschäftigten

Fragen und Antworten

Wer muss seinen Dienst aufnehmen? Familienangehöriger gehört zur Risikogruppe? Selber Risikogruppe? Konferenzen? Notbetreuung für eigene Kinder ...

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Die ersten Schulen in Nordrhein-Westfalen sind wieder offen. Die Schulmails zum Schulstart lösen vielfältige Fragen aus. Wir wollen einige Antworten geben, insbesondere darauf, wer zum Präsenzunterricht aufgefordert ist und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, wenn der Gesundheitsschutz und die Hygienestandards nicht eingehalten werden.

Wer muss nun seinen Dienst in der Schule wieder aufnehmen?

Die bloße Befürchtung, sich bei Verlassen der Wohnung möglicherweise mit dem Corona-Virus anzustecken, genügt nicht, dum den Dienst nicht anzutreten. Die potenzielle Ansteckungsgefahr – auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz – gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Dieses trägt jede und jeder Beschäftigte selbst.

Die Schulmails 14 und 15 des MSB fordern diejenigen Lehrkräfte zu Dienstleistung in der Schule auf, die keiner der dort beschriebenen Risikogruppen angehören. Damit besteht eine Anordnung zur Dienstpflicht in der Schule, allerdings nur dann, wenn auch z.B. die Hygienevoraussetzungen erfüllt sind. Besondere Regelungen gibt es für Risikogruppen.

Wer gehört zur Risikogruppe?

Auch wenn die Schulmails in der Regel nur Lehrkräfte benennen, ist die GEW der Auffassung, dass alle Regelungen sinngemäß auch für die anderen pädagogischen Kräfte gelten müssen, wenn sie im Präsenzunterricht bzw. mit Schülerkontakt eingesetzt werden sollen.

1. Lehrkräfte mit Vorerkrankungen

Die in der Schulmail 15 aufgezählten Vorerkrankungen sind kein abschließender Katalog. Dort werden beispielhaft die Vorerkrankungen beschrieben, die insbesondere ein Risiko darstellen. Diese Lehrkräfte dürfen zunächst bis zum Beginn des 4. Mai 2020 aus Gründen der Fürsorge nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden. Ein Einsatz bei digitalen Lernformaten (Lernen auf Distanz) sowie die Teilnahme an (z.B. prüfungsvorbereitenden) Konferenzen und schulinternen Besprechungen ist – unter strikter Einhaltung der Hygienevorgaben - zulässig. Der Nachweis der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe erfolgt durch eine schriftliche Erklärung gegenüber der Schulleiterin oder dem Schulleiter. Die Art der Vorerkrankung ist aus Gründen des Datenschutzes nicht anzugeben.

2. Lehrkräfte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben

Lehrerinnen und Lehrer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sind unabhängig von Vorerkrankungen nicht im Präsenzunterricht einzusetzen. Ein Einsatz bei digitalen Lernformaten (Lernen auf Distanz) sowie die Teilnahme an Konferenzen und schulinternen Besprechungen ist – unter strikter Einhaltung der Hygienevorgaben – zulässig. Wollen Lehrerinnen und Lehrer dieser Altersgruppe in der Schule im Präsenzunterricht freiwillig tätig werden, ist dies möglich. Eine kurze schriftliche Erklärung gegenüber der Schulleiterin oder dem Schulleiter ist erforderlich.

3. Lehrkräfte mit Schwerbehinderungen

Bei einer Schwerbehinderung – ohne Vorerkrankung und vor Vollendung des 60. Lebensjahres – ist ein Einsatz auch im Unterricht grundsätzlich möglich. Bei bestehenden Unsicherheiten sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Die Vertretungen der Schwerbehinderten sind einzubinden

4. Schwangere Lehrerinnen

Aus arbeitsmedizinischen Gründen ist angesichts der derzeitigen Umstände ein Beschäftigungsverbot für eine schwangere Lehrerin auszusprechen. Ein Einsatz bei digitalen Lernformaten (Lernen auf Distanz) sowie die Teilnahme an Konferenzen und schulinternen Besprechungen ist – unter strikter Einhaltung der Hygienevorgaben - ist zulässig.

5. Pflegebedürftige Angehörige mit Vorerkrankungen

Ebenfalls kein Einsatz im Präsenzunterricht erfolgt bei Lehrerinnen und Lehrern, die pflegebedürftige Angehörige mit Vorerkrankungen (siehe hierzu III.1.) im häuslichen Umfeld betreuen. Hier erfolgt der Nachweis der Betreuung eines vorerkrankten Angehörigen durch eine schriftliche Erklärung gegenüber der Schulleiterin oder dem Schulleiter. Die Art der Vorerkrankung des Angehörigen ist aus Gründen des Datenschutzes nicht anzugeben

6. Familienangehörige mit Vorerkrankungen, die nicht pflegebedürftig sind

Im Abschnitt III Nr. 8 der Schulmail 15 vom 18. April 2020 wird für den Ausschluss vom Präsenzunterricht die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft erwartet. In ergänzenden Hinweisen der Bezirksregierungen heißt es dazu weiter: „Bislang liegen keine arbeitsmedizinischen Erkenntnisse vor, dass sich unter Beachtung der herkömmlichen Hygieneempfehlungen bei den oben genannten Lehrkräften das Infektionsrisiko für Angehörige durch eine schulische Präsenz erhöht. Für diese Lehrkräfte gilt, dass sie die gleichen dienstlichen Pflichten wie sonstige nicht zu einer Risikogruppe zählenden Lehrkräfte haben.“

Staatssekretär Richter hat allerdings in der Sitzung des Schulausschusses des Landtags vom 22.4.2020 erklärt, dass sehr wohl der Einzelfall geprüft werden kann. Die GEW rät daher Beschäftigten, die aus diesen Gründen eine Freistellung vom Unterricht wünschen, die Prüfung ihres Einzelfalles zu verlangen. Das sollte unter Vorlage eines ärztlichen Attestes geschehen, das ein gesteigertes Risiko beim Familienangehörigen bestätigt. Gleichzeitig ist die Einbeziehung von Lehrerrat und/oder Personalrat sinnvoll. Sollte das nicht erfolgreich sein, bleibt nur der Weg der Beschwerde/Remonstration (siehe unten).

Was kann ich tun, wenn die Hygienestandards nicht eingehalten werden?

Wenn die Hygienestandards, nicht eingehalten werden können (etwa zu wenig bis gar keine Waschbecken, keine Seife, keine Handtücher...), ist dies ein Grund zur Beschwerde. Auch Schulleitungen können in diesem Fall die Schulen nicht öffnen. Sie sind letztlich nach Schulgesetz verantwortlich für die Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vor Ort. Sie müssten dies gegenüber der Dienststelle und/oder dem Schulträger deutlich formulieren, damit von dort Abhilfe geschaffen werden kann.

Sollte diese Maßnahmen inklusive eines schulinternen Hygieneplanes (abgestimmt mit dem Lehrerrat) umgesetzt sein, so besteht Dienstpflicht, sofern es keine weiteren persönlichen Gründe gibt (z.B. Dienstunfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit) gibt. Ein Verstoß dagegen kann disziplinarische oder arbeitsrechtliche Folgen haben.

Beschwerde (Remonstration)

Aufgrund ihrer persönlichen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit dienstlicher Handlungen haben Lehrerinnen und Lehrer gemäß § 16 der Allgemeinen Dienstordnung das Recht und die Pflicht, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen gegenüber der Schulleiterin oder dem Schulleiter geltend zu machen (§ 36 Absatz 2 BeamtStG – gilt analog auch für Tarifbeschäftigte).

Stellen von Gefährdungsanzeigen

Beschäftigte können Anzeigen mit konkreten Informationen über die Situation im Bereich Hygiene und Arbeitsschutz in der Schule stellen. Auch für mögliche rechtliche Folgen (Dienstunfall oder Schadensersatzansprüchen) ist die Gefährdungsanzeige zur Dokumentation sehr wichtig. Zentral ist dabei, ob die Ansteckungskette nachweisbar ist. Dafür sollte in der Schule vereinbart werden, wie die Anwesenheit der Schüler*innen und der Beschäftigten dokumentiert wird. Auch die Hygienepläne der einzelnen Schule sollten gesichert werden, um die Maßnahmen des Arbeitgebers zu dokumentieren.

Einschalten von Lehrerrat und Personalrat

Das Einschalten des Lehrerrates und möglicherweise des Personalrats ist ebenfalls eine Möglichkeit, um die Hygienevoraussetzungen und damit den möglichsten Gesundheitsschutz herzustellen. Dazu ist jede*r Einzelne*r befugt im Rahmen seines Beschwerderechts.

Für Schulleitungen, die ihre Schule nicht wieder öffnen wollen, weil sie die Hygienestandards nicht umsetzen können, gilt entsprechendes. Auch sie können die Beschwerderechte gegenüber der Schulbehörde bzw. dem Personalrat wahrnehmen.

Muss ich zu Konferenzen erscheinen?

In der Schulmail 15 wird klargestellt, dass die Schulöffnung nicht bedeutet, dass der normale Betrieb inklusive normaler Lehrerkonferenzen wieder stattfinden soll. Auf der Homepage des MSB heißt es: „Das Ruhen des Unterrichts aus Gründen des Infektionsschutzes gilt grundsätzlich auch für Lehrkräfte. In diesem Fall erfüllen Lehrerinnen und Lehrer ihre Dienstaufgaben – sofern sie nicht durch die Schulleitung für die Wiederaufnahme des Unterrichts oder in der sogenannten Notbetreuung eingeteilt sind – soweit wie möglich am heimischen Arbeitsplatz. Die Einberufung großer Lehrerkonferenzen widerspricht dem Grundsatz des Infektionsschutzes. Besprechungen, die für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebes nicht zwingend erforderlich sind, sollten daher möglichst abgesagt bzw. verschoben oder mittels Telefon- oder Videokonferenzen abgehalten werden.“ Link MSB

Sorgen Sie dafür, dass die Organisation einer Lehrerkonferenz in Zusammenarbeit mit dem Lehrerrat beraten wird. Es sollte gemeinsam mit dem Lehrerrat entschieden werden, welche „Konferenzen“ mit „wenigen“ Teilnehmer*innen unter Einhaltung der Hygienestandards wirklich erforderlich sind.

Zählen Lehrer*innen zu den systemkritischen Berufen, sind damit also "Schlüsselpersonen" und können die Notbetreuung für ihre Kinder in der jeweiligen Schule oder Kita wahrnehmen?

Ja, sobald Lehrkräfte in der Schule eingesetzt sind gelten sie als Schlüsselpersonen und können somit den Notbetreuungsanspruch für ihre Kinder wahrnehmen. Nötig ist dazu eine Bescheinigung des Arbeitgebers. Der Vordruck kann hier heruntergeladen werden:

Welche finanziellen Folgen gibt es für Tarifbeschäftigte?

Hier sind verschiedene Fallgestaltungen zu unterschieden:

1. Tarifbeschäftigte, die zu einer Risikogruppe bezüglich Corona gehören

Sie erhalten weiterhin ihre normale Vergütung. Sie werden vom Arbeitgeber freigestellt. Damit besteht weiterhin Lohnfortzahlungspflicht.

2. Tarifbeschäftigte, die arbeitsunfähig sind wegen einer Corona-Erkrankung

Es gelten die üblichen gesetzlichen und tariflichen Regelungen bei Arbeitsunfähigkeit.

3. Tarifbeschäftigte, die unter Quarantäne gestellt werden

Ordnet die zuständige Behörde (z.B. ein Gesundheitsamt) Quarantäne an haben Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Netto-Verdienstes für 6 Wochen. Nach Ablauf der sechs Wochen besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Krankengeldes.

Welche finanziellen Folgen gibt es für Beamt*innen?

Beamt*innen erhalten ihr normales Gehalt.

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