Schule 07.08.2020

Schulstart: Viele neue und alte Probleme

Schwierig für Lehrkräfte und Schüler*innen

Die Hilfsmittel des Schulministeriums reichen vorne und hinten nicht aus und sind oft nicht bis zu Ende durchdacht.

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„Der Unterricht nach Stundentafel und in Präsenz ist das Ziel.“ So stellt sich Schulministerin Gebauer letztendlich einen „angepassten Schulbetrieb“ unter Corona-Bedingungen vor. Doch die Hilfsmittel, die sie den Schulen für diese Herausforderung zur Verfügung stellt, reichen vorne und hinten nicht aus. Schon der Schulstart in „normalen“ Zeiten in den vergangenen Jahren war nie einfach: Anhaltender Lehrkräftemangel, schlechte Hygienesituation und mangelhafter Bauzu-stand vieler Schulgebäude, ganz zu schweigen von der schon längst überfälligen Digitalisierung der Schulen!
Durch die Coronakrise treten die gravierenden Versäumnisse der Schulpolitik der letzten Jahre noch deutlicher zum Vorschein. Wie sollen die Schulen überhaupt einen vernünftigen Regelbe-trieb unter Coronabedingungen gewährleisten? Das fragen sich derzeit viele Kolleginnen und Kol-legen an den Schulen, denn sie sind es, die den Unterricht unter Realbedingungen stemmen müssen.

Kein schlüssiges pädagogisches Konzept

Was jetzt wirklich fehlt, ist ein schlüssiges pädagogisches Konzept zur Wiederaufnahme des Unterrichts, das die Defizite aus dem abgelaufenen Schuljahr auffängt und den absehbaren Unterrichtsausfall im neuen Schuljahr ausreichend berücksichtigt. Es stellt sich außerdem die Frage, was in diesem Schuljahr wirklich inhaltlich geleistet werden kann, zumal es ja häufig noch versäumten Lernstoff aus dem letzten Schuljahr gibt. Dafür liefert das Ministerium allerdings nur schnell zusammengeschusterte Broschüren mit wenig hilfreichen Botschaften (Zitat: „Stellen sie erst einmal fest, wieviel Personal an ihrer Schule zur Verfügung steht …“).

„Die angekündigten kurzfristigen Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation sind reine Augenwischerei!“, so Richard Voß von der GEW Wuppertal. Schon lange hat die GEW von der Landesregierung umfassende und wirkungsvolle Maßnahmen gegen den anhaltenden Lehrkräf-temangel eingefordert. Noch immer fehlen ausreichend Studienplätze, hält der Numerus Clausus Studienanfänger*innen ab. Da für den Bereich der Sekundarstufe II ein Überangebot von Lehr-kräften besteht, muss die Landesregierung ihr halbherziges Handeln aufgeben und echte Anreize dafür setzen, bereits ausgebildete und künftige Lehrkräfte für die Grundschule und die Sekundar-stufe I langfristig zu gewinnen. Das kann aber nur gelingen, wenn endlich die gleiche Bezahlung für alle Schulstufen eingeführt wird, wie in vielen anderen Bundesländern bereits geschehen! Stattdessen setzt die Schulministerin vor allem auf vorübergehende Mehrarbeit der Lehrkräfte, will die Referendare zu weiteren Zusatzstunden animieren, will noch mehr Seiteneinsteiger*innen ohne Lehrerausbildung gewinnen und Lehrkräfte der Sekundarstufe II sollen kurzfristig aushelfen - ein hilfloses Konzept.

Millionenbeträge für Computer, aber der Techniksupport fehlt

Gleiches gilt für die Digitalisierung – erst die Coronapandemie hat die Landesregierung aus ihrem Dornröschenschlaf geholt und auf einmal ist die Ausstattung mit digitalen Endgeräten möglich, ein Schritt, den die Gewerkschaften lange gefordert haben. Aber jetzt nur für Millionenbeträge Endgeräte anzuschaffen, macht noch lange keinen guten Unterricht und auch keinen vernünftigen Unterricht im Homeschooling! „Hier wird wieder zu kurzfristig gedacht! Jedermann weiß, wie anfällig Technik ist. Die aufwändige Wartung kann nicht auf die Schulen abgewälzt werden, aber auch nicht auf die klammen Kommunen. Das Land muss unverzüglich mit zusätzlichen Finanzmitteln auch das Wartungsproblem lösen!“, fordert Guido Grüning vom DGB Wuppertal.

DGB und GEW Wuppertal fordern NRW-Schulministerin Gebauer auf, den Worten auch Taten fol-gen zu lassen. „Schulen brauchen Rückendeckung, wenn sie individuelle Lösungen finden müssen – z. B. wegen des absehbaren Lehrkräftemangels oder der räumlichen Voraussetzungen. Wir brauchen für die Schulen endlich eine gute und funktionierende Infrastruktur, gut ausgebildete Lehrkräfte, passende technische Ausstattung und zukunftsweisende Konzepte.“