Dilek Engin (SPD) und Martin Sträßer (CDU) nahmen am 9.2.2023 in Wuppertal die Petition an den Landtag entgegen. Sie setzt sich dafür ein, die miserable Situation der Seiteneinsteiger*innen an Schulen zu verändern.
Der Lehrkräftemangel in NRW ist dramatisch, ohne Seiteneinsteiger*innen geht es nicht, das muss auch Schulministerin Feller unumwunden zugeben. Sie werden dringend gebraucht, unterrichten oft in Mangelfächern, müssen vom ersten Tag an vor der Klasse stehen, arbeiten als Klassenleitungen, werden fachfremd eingesetzt, übernehmen Sonderaufgaben, bauen den IT-Bereich auf, müssen sich in kürzester Zeit in das komplizierte Vorschriftengebäude Schule einarbeiten. Schulleitung und Kollegium wissen oft gar nichts vom Status dieser Kolleginnen. Die Arbeitslast ist also gleich, die Bezahlung nicht und natürlich auch nicht das berufliche Fortkommen. Sie fühlen sich vom Schulministerium allein gelassen, vermissen die Wertschätzung, Frust macht sich breit, weil viele unter ihnen dauerhaft von einer Gleichstellung zu den ausgebildeten Lehrkräften ausgeschlossen werden und Weiterqualifizierung verwehrt wird.
"Ich bin für Sport eingestellt und unterrichte dies. Oft werde ich auch für andere Fächer eingesetzt, doch qualifizieren darf ich mich nicht für ein weiteres Fach. Das ist doch absurd!" berichtet Beate Brandenburg. "Nur weil ich auf einer Fachhochschule ein Diplom erworben habe, gibt es für mich keine Weiterqualifikation. Man sagt mir, dafür brauche ich einen Master. Als ich studiert habe, gab es aber überhaupt noch keinen Masterabschluss. Das ist doch reine Bürokratie!" regt sich Anne Jonas zu recht auf. Und Vanessa Scholl ergänzt: "Die meisten von uns haben ein wissenschaftliches Hochschulstudium. Nach sechs oder sieben Jahren muss doch auch eine erfolgreiche Berufserfahrung und Bewährung zählen, damit wir dann gleichgestellt werden!"
Die GEW verurteilt scharf, dass aktuell eine weitere Ungerechtigkeit dazu kommt. Bei den jetzt angelaufenen Besoldungsverbesserungen für Lehrkräfte der Grundschule und der Sekundarstufe I bleiben diese Seiteneinsteiger*innen ausgeschlossen! Das führt zu enormen ansteigenden Gehaltsunterschieden in den nächsten Jahren von bis 940€ im Vergleich zu angestellten Lehrkräften mit Lehramt.
Die Hauptforderung der GEW ist deshalb, dass allen Seiteneinsteiger*innen eine berufsbegleitende Weiterqualifikation ermöglicht wird und ihre Berufserfahrung mitbewertet werden muss, damit sie die Gleichstellung mit den grundständig ausgebildeten Lehrkräften oder wenigstens eine Höhergruppierung erreichen können. Außerdem müssen sie ab sofort mit einbezogen werden bei der Anhebung der Bezahlung für die Lehrkräfte der Grundschulen und der Sekundarstufe I.
Dilek Engin erklärte ihre Unterstützung und räumte dabei ein, dass auch die Landesregierungen der Vergangenheit hier Fehler gemacht haben. Martin Sträßer konnte seine Unterstützung nicht so eindeutig formulieren. Er war vielmehr der Meinung, das Problem würde sich von allein geben, da in einigen Jahren Seiteneinsteiger*innen nicht mehr gebraucht würden. Das löste viel Erstaunen aus, da selbst die KMK mit einem massiven Mangel in den nächsten 20 Jahren rechnet.
Die GEW in Wuppertal wird sich weiter für die Verbesserung der Bedingungen der Lehrkräfte im Seiteneinstieg einsetzen und Druck auf die politisch Verantwortlichen ausüben.
Bericht der Westdeutschen Zeitung vom 10.2.2023